#persönlichkeit 27 Für vier weitere Jahre ist Margit Jungmann das saarländische Aushängeschild auf der großen, internationalen sportpolitischen Bühne. Die mittlerweile 68-jährige Rehlingerin ist im schwe- dischen Göteborg vom Kongress der World Masters Athletics, des Weltverbands der Senioren- Leichtathletik, in ihrem Amt als Präsidentin bestätigt worden. „Menschen verbinden, Kulturen kennenlernen, Sportlerinnen und Sportlern die Möglichkeit eröffnen, miteinander zu konkurrie- ren und dabei Gemeinschaft zu erleben. Und das weltweit verbindend. Das treibt mich an.“ TEXT: PATRIC CORDIER FOTOS: PRIVAT Auf Wunsch und mit Unterstützung saarländischen des ehemaligen und Leichtathletik-Präsidenten Werner ARD-Sportschau-Ikone Zimmer engagierte sich die Saar- länderin zunächst als Bundesvorsitzende Senioren im Deutschen Leichtathletik-Ver- band. 2007 kam sie als Teamchefin des Teams Deutschland bei den Meisterschaf- ten in Helsinki erstmals mit World Masters Bewegung in Kontakt� „Wir sind immer mit sechs- bis siebenhundert Athletinnen und Athleten unterwegs““, erinnert sich Jung- mann, „ich habe meine Rolle immer so verstanden, dass es nie wirklich um indivi- duelle, sondern um strukturelle Probleme geht� Sei es Zeitplan oder Transport� Das hat mir Spaß gemacht und ist offensicht- lich ganz gut angekommen�“ Ihr Ansatz war es, bei allen Veranstaltungen verbindliche Durchführungsabläufe zu installieren, von der Akkreditierung bis zur Siegerehrung� 2013 in Porto Allegre trat sie dann für das Amt der „Vizepräsidentin Organisation“ an - und setzte sich durch� Ihre Art und ihre Arbeit überzeugten� 2016 stellte sich bei ihrer Wiederwahl kein Gegenkandidat� Nach zwei Amtszeiten verbieten die Regu- larien der World Masters Athletic, weiter im Amt zu bleiben� „Ich wurde gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, Präsidentin zu werden� Damals war ich noch berufstätig als Schul- und Baudezernentin im Land- kreis Saarlouis� Ich musste zunächst nach- fragen� Auch bei meinem Mann: Er hält mir den Rücken frei, unterstützt mich, ermu- tigt mich, interessiert sich, begleitet mich, wann immer es geht“, erzählt die ehemalige aktive Turnerin, Volleyballerin und Basket- ballerin, Seglerin und Leichtathletin über den weiteren Weg und die „bessere Hälfte“, ohne die es nicht gehen würde� „In Malaga wurde ich dann mit 80 Prozent der Stimmen gewählt�“ Das war 2018� We- gen der Pandemie verlängerte sich die erste Amtszeit Jungmanns von vier auf sechs Jahre� Vom Krisenmodus soll jetzt in den Gestaltungsmodus umgeschaltet wer- den� „Man beginnt in einer ersten Amtszeit Dinge, kann sie aber nicht immer zu Ende bringen� Also habe ich mich bereit erklärt, weiterzumachen� Ich habe ein tolles, pro- fessionelles Team um mich�“ Dennoch ist die Präsidentschaft ein Voll- zeitjob� Dank der modernen Technik kön- nen wichtige Meetings mittlerweile auch vom heimischen Schreibtisch aus geführt werden, an der Zeitverschiebung ändert das nichts� „Wenn man mit Menschen aus den USA, Südkorea und Großbritannien konferiert, ist das auch schon mal ganz früh morgens oder spät in der Nacht�“ Dazu kommt natürlich die inhaltliche Arbeit� Schriftstücke lesen, prüfen, selbst verfas- sen� Ideen aufnehmen und anstoßen� Aber auch Reisen stehen an� Zu Vorbesichtigun- gen, zu Arbeitstreffen, aber eben auch zu Wettbewerben� „Wir haben ehrenamtliche Strukturen� Niemand aus dem Präsidium bekommt Geld dafür, aber wir leisten professionelle Arbeit“, sagt Jungmann und ist damit bei dem Themenfeld angekommen, das ihre zweite Amtszeit prägen soll: die Profes- sionalisierung� „An der WM in Göteborg ha- ben 8�000 Menschen teilgenommen� Noch mal doppelt so viele waren als Begleitung dabei� Da werden also wirklich auch Millio- nen umgesetzt� Bislang war dem Verband die Einführung des Hauptamtes noch nicht möglich� Aber wir brauchen eine Arbeits- ebene unter dem Präsidium und ich denke, wir sind auf einem guten Weg, auch wenn es bislang nicht finanzierbar war.“ Jungmanns Motivation ist die Freude der Menschen� „Bei den Meisterschaften in Bukarest gab es Probleme mit den Sport- lerinnen und Sportlern aus Iran� Es war lange nicht klar, ob sie ein Visum für den Schengen-Raum bekommen können� Als sie dann endlich angekommen sind und teilnehmen durften, war es wie ein Ge- schenk� Ich habe selten in meinem Leben in so glückliche Augen geschaut�“ Dann zieht sie einen Kalender aus der Tasche, den eine Sportfotografin erstellt hat. Sportlerinnen und Sportler, teilweise weit über 80 Jahre alt und dabei deutlich jünger aussehend, die einfach nur Freude am gemeinsamen Wettbewerb ausstrahlen� „Für diese Men- schen mache ich das�“ 2019 trat Jungmann dann auf dem Höhe- punkt der Krise beim Landessportver- bands für das Saarland als Stellvertreten- de Vorsitzende des Aufsichtsrates an� „Es war ein Zeitpunkt, an dem mich alle für verrückt erklärt haben� Ich hatte aber das Gefühl, dass ich an dieser Umbruchstelle des LSVS etwas beitragen kann“, begrün- det die 68-Jährige heute, „neue Gesichter wurden damals gefordert – auch von den Medien� Leute, die helfen, das Schiff wie- der in ruhiges Fahrwasser zu bringen�“ Dies sei gelungen� Auch dank der Arbeit der Vorstände Johannes Kopkow und Joachim Tesche� Die aktuelle Diskussion um die Vertragsverlängerung verfolgt Jungmann zwar, aber: „Ratschläge von außen verbit- ten sich einfach�“ In vier Jahren soll dann Schluss sein� Dann will Jungmann reisen� Zu den Plätzen, die sie schon gesehen, aber noch nicht wirk- lich erkundet hat� Bis dahin wird die Power- Frau aus Rehlingen weiter in der Welt des Sports auch ein Aushängeschild für ihre Heimat sein� /// 6 | 2024 << SaarSport