30 #interview Schneider: Das Schießen hat die Eigenschaft, jemanden zur inneren Ruhe zu bringen. Wenn man einen stressi- gen Alltag hat und mal runterfahren will, geht das beim Schießen hervorragend. Man kann sich dabei schlicht keine Unruhe leis- ten – sonst sind die Ergebnisse grotten- schlecht. Ich darf keine Spannungen im Kör- per aufbauen, muss richtig stehen, die Körperhaltung muss stimmen und ich muss meine Augen trainieren. Die guten Ergebnis- se kommen erst, wenn man sich selbst gut kennenlernt, die Körperfunktionen über- prüft, auch beim Schießen immer wieder, und lernt, sich über einen gesamten Wett- kampf konzentrieren zu können. Was das alles bedeutet, merkt man erst, wenn man es einmal mitgemacht hat. Wie kam es dazu, dass Sie sich zur Wahl gestellt haben? Schneider: Nach zwei, drei Jahren der Vereinszugehörigkeit habe ich angefangen, mich auch ehrenamt- lich zu engagieren. In der Folge habe ich ver- schiedene Ämter übernommen – bis hin zum Vereinsvorsitzenden und Kreisschützen- meister im Kreis Saarlouis. Als Kreisschüt- zenmeister war ich automatisch Teil des Landesvorstandes des Verbandes, in dem ich wenig später auch die Positionen des Referenten für Waffenrecht und des Ausbil- ders der Waffensachkunde übernommen habe. Als dann mein Vorgänger im Amt des Präsidenten, Walter Wolpert, ankündigte, nicht erneut zu kandidieren, habe ich mich bereiterklärt, die Suche nach einem Nach- folger anzutreten. Die blieb leider erfolglos. Es gab einige geeignete Kandidaten, aber aus unterschiedlichen Gründen haben sie abgelehnt. Dann habe ich mir bestimmte ZUR PERSON Der 68-jährige Bernd Schneider, gebürtiger Völklinger, wohnt seit 1983 im Eigenheim in Saarlouis. 1970 machte er eine Ausbildung zum Werkzeugmacher, nach seinem Gesel- lenjahr ging er für vier Jahre zur Bundeswehr. Nach einem Jahr auf der Meisterschule kam er 1980 zu Ford nach Saarlouis, wo er bis zum Renteneintritt im Jahr 2019 in unterschiedli- chen Bereichen, zuletzt in der Arbeitssicher- heit, tätig war. SaarSport >> 3 | 2024 Bedingungen formuliert, unter denen ich mir selbst eine Kandidatur vorstellen konn- te. Insbesondere ging es um die Besetzung des Teams im Vorstand, um die viele Arbeit auf mehrere Schultern zu verteilen. Das hat geklappt und so kam es dazu, dass ich mich zu Wahl gestellt habe – und letztlich auch gewählt wurde. Nun ist das Schießen eine der Sportarten, die durch den Waffengebrauch mit Vor- urteilen zu kämpfen hat. Erleben Sie das auch? Schneider: Vorurteile erleben wir immer wieder. Insbesondere von Leuten, die keine Ahnung haben und sich nicht darüber informieren, was wir eigent- lich machen. Mich persönlich stört dabei am meisten, wenn in einer Zeitung über einen schlimmen Vorfall berichtet wird und dabei von einem „Waffenschein“ geschrieben wird. Im Saarland gibt es nur zwei, drei die- ser Waffenscheine, die ja zum Tragen einer Waffe auch in der Öffentlichkeit berechti- gen. Ein Sportschütze braucht gar nicht erst darüber nachzudenken – er wird keinen bekommen. Wir haben eine Waffenbesitz- karte. Das Problem ist, dass diese Nachrich- ten in der Öffentlichkeit falsch aufgefasst werden. Was meinen Sie genau? Was ist der Unterschied? Schneider: Die Waffenbesitzkarte erlaubt es uns, die Waffen zu Hause aufzubewahren. Unter strengsten Bedingungen, vor allem an die Sicherung der Schränke vor Missbrauch oder Diebstahl. Schon der Kauf einer Sportwaffe kann nur mit einer Waffenbesitzkarte getätigt wer- den, für den man zahlreiche Bedingungen wie beispielsweise den erfolgreichen Ab- schluss einer umfangreichen Waffensach- kunde-Ausbildung erfüllen muss, die von unterschiedlichen, auch staatlichen Stellen – angefangen beim Verein, über die Polizei und zuständige Waffenbehörden bis zum Verfassungsschutz – intensiv geprüft wer- den. Erst wenn alle diese Überprüfungen erfolgt sind und auch der Waffenschrank die strengen Bedingungen erfüllt, darf sich ein Sportschütze eine Waffe zulegen und diese zu Hause lagern. Um diesen Status zu behalten, muss er in den folgenden zehn Jahren nachweisen, dass er auch aktiv am Schießsport teilnimmt. Und dennoch werden nach Gewalttaten mit Schusswaffen oft auch Sportschüt- zen ins Visier genommen. Schneider: Ja, der Umgang mit Waffen ist heikel und gefährlich. Das streitet niemand ab. Aber wenn jemand dazu erzogen wird, gewissenhaft damit um- zugehen, und von Zeit zu Zeit immer wieder überprüft wird, dann sollte das kein Problem sein. Die Vorfälle, die zu Recht die Öffent- lichkeit bewegen, wurden in den allermeis- ten Fällen mit illegal beschafften Waffen herbeigeführt. Man kann die Sportschützen mit immer weiter reichenden, noch strenge- ren Auflagen belegen und immer neue Ge- setze erlassen – allein: Es ändert an der Grundsituation nichts. Solange hier Millio- nen unregistrierter Waffen im Land kursie- ren, wo auch immer sie herkommen, können Verbrecher an sie herankommen. Während der ehrliche Sportschütze immer weiter ge- gängelt wird. Auch unter den Autofahrern gibt es Verrückte, die gefährliche Dinge da- mit anstellen. Klar ist: Wir sind keine poten- ziellen Mörder. Der Schütze ist nicht per se ein schlechter Mensch. Im Gegenteil: Er ist gewissenhaft und aufmerksam. Inwiefern beeinträchtigt das in Teilen der Öffentlichkeit eher schlechte Image Ihrer Sportart die Nachwuchsarbeit? Schneider: Natürlich gibt es vor al- lem im Jugendbereich immer wie- der Eltern, denen es nicht so recht ist, wenn ihr Kind eine Schusswaffe benutzen soll. Wenn Eltern sich aber näher mit unserem Training und der Sportart an sich befassen, kommt oft die Aussage: Ich hätte ja gar nicht gedacht, dass das so gewissenhaft betrieben wird. Mir ist es ganz wichtig zu be- tonen: Wir züchten keine Ballermänner! Wir bilden junge Menschen in einer Sportart aus. Ganz besonders gut tut dies denjeni- gen, die im Volksmund als „Zappelphilippe“ bezeichnet weden, also ein Aufmerksam- keitsdefizit aufweisen. Bei ihnen machen wir sehr häufig die Erfahrung, dass der Sport ihnen hilft, auch im Alltag ruhiger und konzentrierter agieren zu können.