#gesundheit51 Die Fachtagung zum Thema „Health in all Policies“, Gesundheit in allen Politikbereichen, beginnt an diesem Tag an der Saarbrücker Hermann-Neuberger-Sportschule mit einer kleinen morgendlichen Ertüchtigung. Linda Wilhelm vom gastgebenden Verein für Prävention und Gesundheit im Saarland (PuGiS) animiert die etwa 80 anwesenden Gäste aus allen Gesellschaftsbereichen zu einem bewegten Start in den Tag, zeigt einfache Übungen, die mit Begeisterung Nachahmung finden. „Alle Teilnehmer kümmern sich in ihren verschiedenen Funktionen um die Gesundheitsförderung anderer. Dabei vergessen sie aber ganz oft sich selbst. Solche Übungen können den Einstieg in den Tag spürbar erleichtern“, weiß PuGiS-Geschäftsführer Dirk Mathis aus eigener Erfahrung. Nach dem bewegungsfreudigen Einstieg gibt es von Linda den „Daumen hoch“: „Das haben sie super gemacht.“ TEXT: DAVID BENEDYCZUK FOTOS: ANDREAS SCHLICHTER Den Daumen hebt auch der erste Refe- rent des Tages, Jörg Loth: „Wir haben schon viele Dinge zusammen auf den Weg gebracht“, lobt das PuGiS-Vor- standsmitglied und Vertreter der GKV6 die bisherigen Errungenschaften in Sachen Gesundheitsprävention im Saarland – doch viel ist aus seiner Sicht nicht genug: „Wichtig ist, dass wir diesen Weg mit aller Konsequenz fortsetzen�“ Den Weg, Gesundheitsförderung und Prävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe anzugehen, hat PuGiS seit der Grün- dung 2017 mit vier derzeitigen Projektbe- reichen („Koordinierungsstelle Gesundheit- liche Chancengleichheit (KGC)“, „Teamw()rk“, „Generation Z - wie Zukunft“ und „Das Saar- land lebt gesund“ eingeschlagen� Die KGC ist Ausrichter dieser Fachtagung und möchte Multiplikatoren miteinander vernetzen und für spezifische Themen sensibilisieren, aber auch immer weitere Fürsprecher gewinnen� „Das Saarland lebt gesund“-Projekt orientiert sich an den drei Lebensphasen „Gesund auf- wachsen“, „Gesund leben und arbeiten“ sowie „Gesund älter werden“� Und es hat, wie alle anderen Projekte auch den wichtigen Ansatz, die Kommunen mit einzubeziehen� „Über das, was in den Kommunen vor Ort passiert, kön- nen wir das Thema Gesundheit so richtig er- lebbar machen und verankern� Sie sind ein ganz wichtiger Partner“, sagt Loth� Bisher sind 36 von 52 Kommunen dem Projekt an- geschlossen� Es bleibt also Luft nach oben, was Loth an einem Punkt festmacht: „Ge- sundheit ist immer noch kein Hauptanliegen der Politik, das muss man leider so sagen�“ Haushaltsnotlagen und personelle Engpässe führten dazu, dass andere Themen mehr im Fokus stehen� „Das macht es nicht einfach“, weiß Loth, hält aber zumindest fest: „Gene- rell stoßen wir da schon auf offene Ohren�“ Die vorliegende Veranstaltung solle „noch- mal ein Signal aussenden“, wie wichtig die Zusammenarbeit aller Ebenen ist� Auch das Land habe eine wichtige Rolle� Zuletzt sei die Digitalisierung – coronabedingt – ein Schwerpunkt gewesen� Eine Stabsstelle in der Staatskanzlei und Rahmenbedingungen wurden geschaffen� Das müsse auch beim Thema Gesundheit der Ansatz sein� Ande- rerseits sieht Loth die Notwendigkeit, den Hebel vor allem „unten“ anzusetzen, durch fortwährende Sensibilisierung der Bevölke- rung� „Es ist wichtig, dass die Leute spüren, dass in ihrem Ort oder Landkreis etwas in dieser Richtung passiert�“ Referent Alexan- der Woll, Leiter des Instituts für Sport und Sportwissenschaft am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), verweist auf den Be- wegungsmangel als größten Risikofaktor für Erkrankungen� „3,2 Millionen Menschen weltweit könnten länger leben, wenn sie ak- tiver wären“, zeigt Woll auf� Aus seiner Sicht fokussiere sich die Thematik „darauf, wo die Menschen wohnen, wo sie leben und ihre Fa- milie haben� Was können wir in den Kommu- nen tun?“ Dazu brauche es eine breite Unter- stützung: „Die anderen politischen Ebenen sind verantwortlich, dass die Kommunen in der Lage sind, entsprechende Handlungen anzubringen“, fordert Woll� Nur so kann die Sensibilisierung der Be- „Das Tödliche völkerung voranschreiten: Quartett“, Übergewicht, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und erhöhter Blutzuckerspiegel, sei weiter auf dem Vor- marsch, warnt Loth: „Diese Zivilisations- krankheiten sind zum Großteil durch unser eigenes Tun vermeidbar – ausreichend Be- wegung, gute Ernährung, vernünftiger Um- gang mit Suchtmitteln oder Strategien der Stressbewältigung.“ Er sieht die Verpflich- tung, in diesen Punkten aufklärerisch voran- zugehen� Bei den Haushaltsberatungen von Land und Bund sei er „geradezu erschrocken“ gewesen, „wie wenig das Thema Gesundheit eine Rolle spielt – umso mehr müssen wir dafür sorgen, dass sich das ändert“, fordert Loth� Mathis zeigte sich nach der Fach- tagung, deren Themen im Rahmen von Work- shops vertieft wurden, zufrieden mit dem Verlauf� „Wir haben da einen Nerv getroffen� Das breite Interesse auf allen Ebenen zeigt, dass das Thema Gesundheit allgegenwärtig und in Zukunft immens wichtig ist� Ich sehe gute Chancen, dass wir die vorhandenen Strukturen ausbauen und verbessern kön- nen – mit dem großen Ziel, immer mehr Leute zu einer gesünderen Lebensgestaltung zu animieren�“ Gerade hierzulande seien die Voraussetzun- gen sehr gut, um alle mit ins Gesundheitsboot zu holen: „Die Kompaktheit des Saarlandes ist unsere Chance“, betonen Loth und Mathis� Bettina Altesleben (SPD), Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Gesundheit, lobte die wichtige Arbeit von PuGiS und betonte die Bedeutung, „Gesund- heit als übergreifende Aufgabe zu sehen� Es ist wichtig, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, um der gesamten Bevölkerung ein gesundes Leben zu ermöglichen�“ /// 4 | 2023 << SaarSport