Haben Sie mit der Fülle der Aufgaben in dieser Form gerech- net? Liedke: In der Gänze konnte ich mir das so nicht vorstellen. Natürlich waren mir Dinge bekannt – ich hatte mich im Vorfeld ja mit Vertretern des alten Präsidiums unterhalten. Aber im Vergleich zu den früheren Präsidien, die eher repräsentativen Charakter hatten, sind wir ein Arbeits-Präsidium, in dem jeder konkrete Aufgaben übernimmt. Das macht es interessant, weil man aktiv etwas bewegen kann. Man merkt aber auch, dass man an Grenzen stößt und wir künftig mehr auf die Festange- stellten zurückgreifen müssen. Ein Beispiel: In der Werkstatt waren früher 15 Menschen beschäftigt – heute sind es noch gerade einmal vier. Hier müssen wir Dienstleistungen einkau- fen, also Auswahlverfahren und Ausschreibungen durchfüh- ren. Das liegt derzeit alles auf den Schultern des Präsidiums und das ist nicht ganz einfach. Wie lässt sich dieser Zeitaufwand als Ehrenamtlicher bewerk- stelligen? Liedke: Ich sage es mal so: In den ersten 150 Tagen all das zu bewältigen, was in den letzten Jahren liegengeblieben ist, ist schwierig. Demnach sind wir froh über jeden kleinen Schritt, der eine Verbesserung nach sich zieht. Auf der ande- ren Seite sind wir natürlich auch etwas betrübt, wenn wir mal einen auf die Mütze bekommen für Dinge, die wir nicht ver- treten können und müssen. Aber in der Öffentlichkeit ist der Ruf nun einmal angekratzt und wir brauchen viel Energie und Arbeit, um wieder in ein positives Licht zu kommen. Macht es Ihnen noch Spaß, diese Energie in Ihrer Freizeit auf- zubringen? Liedke: Ich sehe das so: Je größer die Herausforderung, des- to mehr Spaß habe ich dabei. Wenn ich mir eine Aufgabe gestellt habe, möchte ich diese auch in Perfektion umsetzen. Das bringt den Nachteil mit sich, dass ich den Menschen drumherum, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zum Bei- spiel, vieles abverlange, das für mich selbstverständlich ist, aber für andere schon grenzwertig. Ich habe schon oft den Satz gehört: ‚Das, was du abreißt, können wir so nicht leis- ten.‘ Deshalb muss ich mich ein Stück weit zurücknehmen. Trotzdem verliere ich nie das große Ziel aus den Augen, das man mit kleinen Schritten erreichen kann. Ich mag es nur nicht, wenn Dinge unnötigerweise auf die lange Bank gescho- ben werden. Wenn ich das letzte Mal durch die Schranke der Sportschule fahre, möchte ich sagen können: Diese Baustelle ist abgeschlossen. Dafür braucht mir dann auch keiner einen Orden zu verleihen. Was muss passieren, um das Bild der „Baustelle LSVS“ nach außen wieder zu verbessern? Liedke: Dazu brauchen wir auch die Medien. Wir haben uns im Präsidium dazu viele Gedanken gemacht und sind zu dem Schluss gekommen, dass wir mehr liefern müssen, um nach außen zu signalisieren, dass es mit dem saarländischen Sport wieder nach oben geht. Jeder im Präsidium ist dafür, die Anfragen aus den Verbänden oder von der Presse mit Klartext zu beantworten. Was müssen Sie in Ihren Zuständigkeitsbereichen angehen, um möglichst zeitnah positive Signale aussenden zu können? Liedke: Zunächst einmal muss im Bereich der Liegenschaften IM INTERVIEW 7 der Investitions-Stau, den wir momentan auf etwa neun Mil- lionen Euro taxieren, abgebaut werden. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir effizient Energie sparen können – bei- spielsweise über LED-Beleuchtung. Vielleicht können wir die großen Flächen für eine eigene Energieversorgung nutzen, bis hin zu einem Blockheizkraftwerk. Das alles eben unter der Prämisse, so viele Mittel, wie möglich für den Sport, also die Sportlerinnen und Sportler frei zu halten. Es gibt auch einige Nachhol-Arbeiten im Haus der Athleten oder dem Max-Ritter- Haus, die anstehen. Dies alles zu erfassen und dann eine Vor- gehensweise zu entwickeln, ist in diesem Bereich die zentrale Herausforderung. Und wie sieht dies im Leistungssport aus? Liedke: Hier sind wir mit unseren Sportfachverbänden in die Diskussion gegangen. Der DOSB hat uns klare Vorgaben gemacht, was er von uns erwartet. Dazu gehören regionale Zielvereinbarungen, die wir mit unseren olympischen Kern- sportarten auf den Weg bringen müssen. Wir müssen auch darum kämpfen, weitere olympische Sportarten hierher zu holen, um diesen Olympiastützpunkt zusammen mit Rhein- land-Pfalz zu sichern. Hier sind wir durch die Erfolge unserer Sportlerinnen und Sportler noch positiv besetzt, aber darauf dürfen wir uns nicht ausruhen. Es gilt, die großen Vorteile unseres Standorts aktiv zu vermarkten und so möglicherweise neue Leistungszentren an Land zu ziehen. Ein wichtiger Punkt dabei sind gute Trainer. Die kosten Geld, weil sie Mangelware sind. Um den Sportlerinnen und Sportlern eine Perspektive zu bieten, müssen wir diese Perspektive auch guten Trainerinnen und Trainern bieten. Ein gutes Beispiel ist Christian Schwarzer beim Handballverband Saar. Er ist ein Leuchtturm seiner Sportart – und das hier im Saarland. Von dieser Sorte brau- chen wir mehr. Aber wir müssen auch unsere Schulden bedie- nen. Von daher sind meine für die Finanzen zuständigen Kol- legen im Präsidium gefordert, mir die Mittel zur Verfügung zu stellen, die es braucht, um den Bereich des Leistungssportes auch zu finanzieren. Daran arbeiten wir alle mit Hochdruck. Es gibt ja noch andere Präsidiumsmitglieder, die sich in ähnli- cher Weise für ihre Zuständigkeitsbereiche einsetzen werden. Sind Konflikte vorprogrammiert? Liedke: Ich bin davon überzeugt, dass es Diskussionen geben wird, in denen das eine oder andere harte Wort fallen wird – gerade, wenn es um Verteilungskämpfe geht. Das darf man dann nicht persönlich nehmen. Wer mich kennt, weiß, dass ich immer Ziele im Kopf habe und dass ich auf diese zuarbei- te. Dabei will ich die Menschen mitnehmen und sie für diese Ziele begeistern. Ich will erreichen, dass sich die Athletinnen und Athleten wieder voll auf ihre Sportart konzentrieren kön- nen und wir müssen drumherum alles dafür tun, damit sie dies können. Das zieht zwangsläufig nach sich, dass es auch innerhalb des Präsidiums zu unterschiedlichen Vorstellungen und Wünschen kommt. Nachdem diese diskutiert wurden, müssen am Ende Kompromisse stehen, die den Saarsport wie- der voranbringen. Ich kann mich noch gut an den früheren LSVS-Präsident Albert Wagner erinnern, der einmal zu mir gesagt hat: ‚Erst investieren wir in die Bauten und dann investieren wir in die Sportler.‘ Das erste haben wir geschafft. Das zweite noch nicht so, wie man es sich vielleicht vorstellt. Deshalb muss es nun die Grundausrichtung sein, dies nachzu- holen. l 3 | 2019